Sonntag, 2. Dezember 2012

Exportierter Neonazi-Terror nach Südtirol



Ich musste die Doku des Bayerischen Rundfunks (Der Bericht kann online unter http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/quer/121108-quer-nsu-100.html eingesehen werden) immer wieder und wieder ansehen, ich konnte nicht anders. Im oftmals satirisch angehauchten Format „Quer“ wurde vor wenigen Wochen ein äußerst interessanter Bericht über die Meraner Neonazi-Bewegung und ihre Verbindungen zu den sogenannten „NSU-Mördern“ Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe gebracht, welche in weniger als 10 Jahren unbemerkt 10 rassistisch motivierte Mordanschläge in verschiedenen deutschen Städten durchführen konnten. 
Da ich um das Jahr 2000 selbst als Jugendlicher „ausgehtechnisch“ sehr aktiv war und Samstagabend immer wieder auf den braunen Sumpf und seine Mitglieder gestoßen bin, habe ich mich natürlich umso mehr für die Berichterstattung interessiert. Komischerweise ging dies unseren Meranern und Burggräflern Politikern aber nicht so. Bis auf eine einzige relativ allgemein gehaltene Meldung in den Dolomiten hat sich niemand unserer Volksvertreter zu diesen Dingen geäußert. Oder es muss mir irgendwie entgangen sein. Denn normalerweise sollte man vom ersten Bürger Merans doch erwarten können, dass er ein kleines Statement dazu abgeben möge, wenn in einer Doku des bayerischen Fernsehens über die Kurstadt Meran und seine braunen Jünger berichtet wird? Aber wer weiß, vielleicht hat ihn ja auch niemand gefragt und er sah sich deshalb auch nicht genötigt, dazu Stellung zu beziehen. 
Jedenfalls zeigen die bayerischen Journalisten den Meraner Theaterplatz, die Postbrücke, die Würstelbude auf der Promenade und andere Meraner „Sehenswürdigkeiten“ aus nächster Nähe. Letztlich wird im Beitrag des BR darüber berichtet, dass mit Ralf Wohlleben einer der bekanntesten und tatkräftigsten Unterstützer des sogenannten „nazionalsozialistischen Untergrunds“ mit einem Kumpanen 2009 nach Südtirol gekommen ist, um die Südtiroler „Kameraden“ finanziell zu unterstützen. Der italienische Geheimdienst war es letztlich der diese finanziellen und ideologischen Verbindungen aufdecken konnte. 20.000 Euro hatten die Mitglieder des „Thüringer Heimatschutzes“ über den Brenner und bis nach Meran geschafft. Mit diesem Geld sollte die hiesige rechte Szene derart unterstützt werden, dass Brandanschläge auf Dönerimbisse und von Migranten betriebene Geschäfte hätten durchgeführt werden können. Glücklicherweise ist es nie soweit gekommen und bis auf ein paar Langhaarige und linksalternative junge Menschen die Schläge und Drohungen von Seiten der Meraner Nazis erhalten haben, ist es nie zu einem Todesfall gekommen. Aber auch hier schien man nicht wirklich weit davon entfernt. 
Jedenfalls hatte es mich schon ein wenig stutzig gemacht, dass sich niemand wirklich für diese Themen zu interessieren schien. Wahrscheinlich ist das hier so in der Kurstadt. Schließlich möchte man den vielen deutschen Touristen ja die schöne Landschaft vorführen und sie hier nicht auch noch mit dieser elendigen „Naziberichterestattung“ belasten, davon bekommen sie schließlich zu Hause schon genug zu hören. 
Da möchte man dann auch nicht darüber reden, dass es im Burggrafenamt vor Jahren eine zahlenmäßig durchaus respektable Neonaziszene gab und anscheinend heute immer noch gibt. Wer dem keinen Glauben schenken will, der kann sich am Wochenende nächtens ja mal auf den Weg machen und die ein oder andere Lokalität aufsuchen, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. In zwei sogenannten Tanzlokalen in Lana und Gargazon kann man immer wieder auf  mehr oder weniger leicht identifizierbare Jugendliche aus der rechten Szene treffen; sofern man denn Lust dazu hat. Oder wie wäre es mit einer Bar in Untermais in der Nähe des Kofler-Platzes? Samstagabend seit einigen Monaten ein beliebter Treffpunkt für so manch kahlrasierten Bomberjackenträger. Dazu soll es noch ein Lokal in der Nähe des Theaterplatzes geben, das vor allem von italienischer Seite relativ stark frequentiert wird und in welches man sich mit einem alternativeren Kleidungsstil wohl besser nicht wagen sollte. Im Internet auf dieser Facebook-Plattform kann man sich übrigens auch bei oftmals freigegebenen Profilseiten junger Kerle aus der näheren Umgebung Hakenkreuze und Runenabzeichen ansehen. Außerdem erinnere ich mich, dass es gerade einmal zwei Jahre her ist, dass im Raum Naturns/Partschins eine Gruppe mit dem äußerst aufschlussreichen Namen „Hitlerjugend Naturns“ von der Polizei ausgehoben wurde. In Lana soll sich und das weiß ich diesmal wirklich nur vom Hörensagen eine ähnliche Gruppierung gegründet haben. Oder wie wäre es mit der kürzlich gegründeten Facebook-Seite "Etschlichter", welche in Anlehnung an die sogenannten deutschen "Spreelichter" Rassenhass im Internet verbreiten? 
Als freiheitsliebender, demokratischer Mensch stelle ich mir deshalb schon die Frage, ob man dieses Problem nicht etwas zu stiefmütterlich behandelt? Oder will mir vielleicht jemand erklären, in Südtirol sei man "auf dem rechten Auge blind" (verdammt, woher kenne ich diesen Ausspruch?) Aber mir ist schon klar, es handelt sich da wie üblich nur um ein paar Einzelfälle und Lausbuben. Wie könnte es hier in und um unsere wohlbehütete, touristisch so attrative Kurstadt auch anders sein...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen